12.11.2006, 21:57
Plakias, Südkreta, 17.9.2006
Schwülwarm heizt uns der Vormittag ein, als wir unserem Leihauto entsteigen. Vorbei an wie immer haifischmaulgleich geöffneten Müllcontainern streben wir der Praxis des einzigen Arztes im Ort entgegen. Wir betreten sie ebenerdig durch eine offene Glasschiebetür und stehen sogleich im Wartezimmer, von wo wir Einblick ins unverschlossene Behandlungszimmer haben. Vom Arzt keine Spur, auch auf "Hallo"-Rufe reagiert niemand. Irritiert setzen wir uns. Das Wartezimmer ist großzügig mit Aschenbechern bestückt, man hält eine großzügige Auswahl griechischer Modezeitschriften bereit und neben der Behandlungszimmertür haben die Kinder ein leider defektes Eishockeyspiel entdeckt.Endlich, nach zehn Minuten betritt ein älterer Herr im weißen Kittel die Praxis. Leider ist es nur der Apotheker von nebenan, der aber immerhin unserem Hiersein einen Sinn verleiht, indem er das Erscheinen des Doktors innerhalb der nächsten zehn Minuten ankündigt.
Neben uns nimmt jetzt eine verwitterte Griechin Platz. Sie verhält sich absolut ruhig, bis weitere 15 Minuten später tatsächlich der Doktor seine Praxis betritt, worauf Sie leise Ächz- und Jammerlaute ausstößt.
Das nützt ihr aber wenig, denn jetzt sind wir an der Reihe. Nachdem der Arzt uns den Grund seiner Abwesenheit dargelegt hat - ein Notfall, der Ärmste ist seit sechs Uhr auf den Beinen - dürfen wir unser Anliegen vortragen. Wir schildern den bisherigen Krankheitsverlauf der Kinder und den ihrer Mutter - Fieber, starke Halsschmerzen, Himbeerzungen - und äußern den Verdacht, wir könnten es hier mit Streptokokken zu tun haben.
Ein holzspatelgestützter Blick in den Rachen meines dreijährigen Sohnes genügt dem Mediziner, um lächelnd eine harmlose Halsentzündung zu diagnostizieren. Nein, gewiss sei er kein Gegner antibiotischer Behandlungsmethoden, doch in diesem Fall reiche das beim benachbarten Apotheker erhältliche Mittelchen zur Desinfektion des Mundraums völlig aus.
Zwei Tage später. Nachdem wir die zweieinhalbstündige Autofahrt vom Hamburger Flughafen nach Hause hinter uns gebracht haben, lasse ich K. vom Nachbarn zur Notfallsprechstunde chauffieren. Diagnose: Streptokokken, Therapie: antibiotisch. Das selbe bei mir und den Kindern am Tag darauf.
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