25.01.2005, 09:22
Birgit Breuel (schenkt Kurze aus)
Es war im Jahr 1990, am 1. Mai. Ein Freund, wohnhaft in einem kleinen Dorf im Herzen Calenbergs, hatte am Abend zuvor zu einem Beisammensein mit Bier, Hasch und lauter Rockmusik geladen und es wurde damals in unseren Kreisen noch nicht als Opfer betrachtet, am Ort des Feierns auch zu nächtigen. So verbrachte man also auch den Vormittag zusammen und beschloss, einen Milieuwechsel vorzunehmen und den hiesigen Maibaum zu besuchen. Dort waren erwartungsgemäß schon einige fidele Dorfbewohner versammelt, und das Bier, das sie uns verkauften, half bald, die anfängliche Distanz zwischen ihnen und uns zu überwinden.Wir standen schon einige Zeit so da, ich weiß noch, dass mir ein bisschen schlecht war, da bog plötzlich ein dunkler S-Klasse-Mercedes auf den Maibaumplatz ein, hielt, und ebenso plötzlich, einer scheinbar ausgeklügelten Choreographie folgend, stiegen zwei oder drei große Männer in dunklen Anzügen und die damalige niedersächsische Wirtschaftsministerin Birgit Breuel aus dem Wagen. Breuel, ihr Knittergesicht in die Runde gerichtet, balancierte schon im nächsten Augenblick, so meine Erinnerung, ein großes rundes Tablett mit regionsüblichen Schnäpsen auf der rechten Hand, und wir alle ließen es uns nicht nehmen, Nutznießer dieser plumpen Wahlkampfanmache zu werden. Das Tablett war dementsprechend schnell leer, und während wir noch den Kopf im Nacken hatten, hatte sich die Eiserne Birgit wieder auf den Rücksitz des Mercedes geschwungen, bereit für einen weiteren Versuch, Wählerstimmen mit Fürst Bismarck zu erkaufen.
Überrumpelt, verdutzt und beschwingt vom Alkohol und der Gewissheit, mal zur rechten Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein, blieben wir am Maibaum zurück, dreizehn Jahre SPD-Regierung lagen vor uns.
Breuel hingegen stieg bald zur Treuhandchefin auf. Später hatte sie dann noch das Vergnügen, Organisationschefin der Expo 2000 zu sein.
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